Frankfurt 21.06.2013 –– Die Banken im Euro-Raum sollen Kredite zu günstigeren Konditionen vergeben: Mit diesem Argument hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinssenkung vom Mai 2013 begründet. Doch zumindest für Deutschland hat die EZB die Rechnung offenbar ohne den Wirt gemacht. Denn während die Banken die Zinsen für Dispo- und Ratenkredite verhalten reduziert haben, holen sie sich die Mindereinahmen und noch einen guten Schlag mehr durch Zinssenkungen bei Tages- und Festgeld sowie bei Sparbriefen zurück – das zeigt eine Untersuchung der FMH-Finanzberatung.

Dispozinsen: Von 62 Banken haben seit Anfang Mai lediglich zehn ihre Dispozinsen gesenkt, wobei die meisten zuvor Zinsen in zweistelliger Höhe verlangt hatten. Selbst nach den erfolgten Senkungen kassieren vier Häuser weiterhin Zinsen von zehn Prozent und mehr für die erlaubte Überziehung des Girokontos. Den größten Rückgang gab es bei der Audi- sowie bei der Volkswagenbank, die ihre Dispozinsen um je 0,37 Prozentpunkte auf 9,75 Prozent senkten. Alles in allem gingen die durchschnittlichen Dispozinsen der 62 Banken von 10,14 auf 10,09 Prozent zurück. Das entspricht einer Zinsminderung von fünf Tausendsteln – wahrlich keine Glanzleistung.

Die 35 Banken, die den FMH-IndeX abbilden, senkten ihren Dispozins von 10,51 auf 10,47 Prozent.

Ratenkredite: Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Ratenkrediten. Bei einer Kreditsumme von 5.000 Euro und einer Laufzeit von drei Jahren verlangen die 40 untersuchten Banken mit bonitätsunabhängigen Zinsen im Durchschnitt 0,05 Prozentpunkte weniger als vor einigen Wochen. Angesichts eines mittleren Ratenkreditzinses von 6,05 Prozent und der immer günstigeren Refinanzierung bei der EZB oder durch Kundeneinlagen wäre schon eine kräftigere Senkung angebracht gewesen. Doch es gibt auch Erfreuliches: Zwei PSD Banken (München und Nürnberg) haben ihre Zinsen um satte 1,39 bzw. 1,05 Prozentpunkte gesenkt. Mit einem Ratenkreditzins von 4,02 bzw. 4,6 Prozent gehören sie nun mit zu den günstigsten regionalen Anbietern.

Tagesgeld: Vor allem Banken, für die ausschließlich die gesetzliche Einlagensicherung greift, haben die Zinsen fürs Tagesgeld gesenkt – im Durchschnitt um 0,09 Prozentpunkte. Dennoch zahlen die untersuchten zwölf Häuser mit jetzt 1,35 Prozent im Durchschnitt immer noch mehr als die 74 Banken, die einem zusätzlichen deutschen Einlagensicherungsfonds angehören. Diese haben ihre Tagesgeldzinsen im Mittel von 0,77 auf nun 0,7 Prozent abbröckeln lassen. Besonders sticht dabei die Ziraat Bank hervor, die statt 1,35 nur noch 0,85 Prozent an Zinsen gutschreibt.

Festgeld: Stärker als beim Tagesgeld machte sich der Zinsrückgang beim zwölfmonatigen Festgeld bemerkbar. Dort sanken die Zinsen der Banken mit gesetzlicher Einlagensicherung im Durchschnitt um 0,14 auf nun 1,5 Prozent. C&A Money ließ den Festgeldzins von 1,75 auf nun 0,9 Prozent regelrecht abstürzen. Die 71 Banken, die einer erweiterten Einlagensicherung angehören, reduzierten ihren Zins im Schnitt um 0,09 Prozentpunkte auf nun 0,7 Prozent.

Sparbriefe: Auch die Zinsen für Sparbriefe sind gesunken. So bekommen Kunden, die ihr Geld für drei Jahre anlegen wollen, bei den befragten 14 Banken mit gesetzlicher Einlagensicherung im Durchschnitt jetzt noch 1,85 Prozent und damit 0,08 Prozentpunkte weniger als vor der EZB-Entscheidung. Die 72 Häuser mit erweiterter Einlagensicherung zahlen bei einer Geldanlage über diesen Zeitraum im Mittel jetzt noch 1,07 statt 1,13 Prozent an Zinsen.

Fazit: Während die durchschnittlichen Zinssätze für Kredite seit Anfang Mai lediglich um einige Promille gesenkt wurden, gingen die Zinssätze für die Geldanlage prozentual weitaus stärker zurück. Das offiziell von der EZB formulierte Ziel, Kredite günstiger zu machen, wurde damit verfehlt.

Autor: Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung

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