Das beste Festgeld 2015 Die Preisträger als beste Anbieter 2015

Handelsblatt print: Nr. 154 vom 13.08.2015 Seite 030 / Finanzen & Börsen

Wenn’s ein bisschen mehr sein darf

Aus Deutschland kommen innovative Vermittler von Tages- und Festgeld. Über Internetplattformen verhelfen sie Sparern zu etwas höheren Zinsen und treten gegen die großen Direktbanken an.

— Berater sehen geringe Margen für neue Anbieter.

— Warnung vor Lücken beim neuen Einlagenschutz.

Eine Fintech-Innovation “made in Germany” – das ist ungewöhnlich. Denn im Vergleich zu den USA und zu Großbritannien hinkt Deutschland bei der Gründung kreativer Finanztechnologie-Firmen deutlich hinterher. Beim Thema Sparen ist das anders. Auf dieses typisch deutsche Phänomen zielt die Internetplattform Weltsparen ab, und Mitgründer Tamaz Georgadze sieht sich hier als Pionier: “Wir waren die Ersten”, sagt er. Die Idee ist simpel: Weil deutsche Banken für Spareinlagen nur Minizinsen bieten, vermittelt Weltsparen den Kontakt zu Banken im europäischen Ausland. Ähnlich machen es auch die Portale Savedo und Zinspilot.

Das Marktpotenzial sieht riesig aus. Denn nach Zahlen der Bundesbank horten die Deutschen aktuell mehr als zwei Billionen Euro auf Tages-, Festgeld- und Sparkonten oder als Bargeld. Honoriert wird das von hiesigen Banken aber kaum, denn die meisten haben ohnehin genug Liquidität und müssen nicht mit hohen Zinsen um zusätzliche Kundeneinlagen werben. Laut einem Vergleich der Frankfurter FMH-Finanzberatung zahlen die Geldhäuser auf Tagesgeld aktuell nur durchschnittlich 0,39 Prozent Zinsen im Jahr, bei einer fünfjährigen Festgeldanlage sind es 0,74 Prozent jährlich. Die J & T Banka aus Tschechien dagegen bietet für fünfjähriges Festgeld jährlich 2,25 Prozent Zinsen.

Der Unterschied ist beträchtlich – wie also kommt man an diese relativ guten Zinsen heran? Extra nach Tschechien reisen? “Wir nehmen den Sparern einen Teil der Arbeit ab”, erklärt Georgadze das Weltsparen-Konzept. “Die Sparer müssen sich einmal per Post- oder Video-Ident bei uns identifizieren und können dann online aus aktuell rund fünfzig Festgeld-Angeboten von zehn Banken wählen”, sagt er. Verrechnet werden die Ein- und Auszahlungen über ein Girokonto, das mit der Anmeldung auf der Plattform bei der deutschen Transaktionsbank MHB eröffnet wird. Gern kooperieren die Fintechs mit kleineren Banken, weil sie selbst keine Banklizenz haben.

Anders als andere Fintechs sieht sich Weltsparen nicht als Angreifer auf das bestehende Bankensystem. “Wir vermitteln zwischen Anlegern, die nach höheren Zinsen auf Spareinlagen suchen, und Banken, die Gelder akquirieren möchten”, sagt Georgadze. Das müssen nicht nur Institute aus dem Ausland sein. Auch die Hanseatic Bank sowie die Mittelstandsbank Grenke bieten bereits Festgeldkonten über die Plattform an. Noch in diesem Jahr will Georgadze auch Tagesgeldkonten vermitteln, dafür gebe es eine große Nachfrage. Zudem soll Weltsparen ab Herbst gleichfalls für Sparer aus diversen anderen europäischen Ländern erreichbar sein. Um diese Expansion umzusetzen, wurden jüngst 20 Millionen Euro von internationalen Investoren eingesammelt.

An den Erfolg des Konzepts glaubt auch Christian Tiessen. So sehr, dass er es mit seiner Plattform Savedo kurzerhand kopiert hat. Weltsparen ist Anfang 2014 gestartet und hat bislang 500 Millionen Euro von mehr als 25 000 Kunden vermittelt. Savedo folgte im Dezember 2014 und hat seitdem etwa 100 Millionen Euro vermittelt. Die Verlagsgruppe Handelsblatt ist an der Plattform beteiligt.

Konkret funktioniert die Anlage über Weltsparen und Savedo so: Bei der Registrierung müssen sich die Kunden einmal identifizieren, um das deutsche Verrechnungskonto zu erhalten. Auch bei den Anlagebanken eröffnen sie Konten, doch der Aufwand ist geringer: Bei manchen Banken reichen schon wenige Klicks, der Kunde wählt ein Angebot und die Anlagesumme, die Plattform leitet die Daten an die Anlagebank weiter. Bei anderen Instituten muss der Kunde ein Antragsformular – das vom Portal vorausgefüllt wurde und auf Deutsch verfasst ist – ausdrucken, unterschreiben und dann entweder einscannen oder per Post an die Plattform schicken.

Ein bisschen anders funktioniert die Plattform Zinspilot, die der Hamburger Softwareentwickler Deposit Solutions anbietet. “Wir vermitteln keine Kunden, sondern Einlagen”, sagt Zinspilot-Geschäftsführer und Gründer Tim Sievers. “Die Kunden identifizieren sich einmal bei einer unserer beiden Partnerbanken – BIW oder Sutor Bank – , um ein Anlagekonto zu erhalten, und müssen danach keine weiteren Konten eröffnen.” Stattdessen wählen sie mit wenigen Klicks ein Angebot auf der Plattform und erteilen damit der Partnerbank eine Weisung. Diese legt das Geld dann treuhänderisch bei einer Anlagebank für den Kunden an.

Noch gibt es auf der Plattform lediglich zwei deutsche Anlagebanken, die Tages- oder Festgeld anbieten. “In den nächsten Wochen werden auch Angebote von Banken im europäischen Ausland folgen”, kündigt Sievers an.

Den Kunden bieten die drei Fintechs ihren Service derzeit kostenlos an, von den Banken bekommen sie eine Vermittlungsprovision. “Es ist gut vorstellbar, dass irgendwann auch Produkte wie zum Beispiel börsengehandelte Fonds vermittelt werden”, sagt Björn Jüngerkes, Leiter Geschäftsentwicklung bei der BIW – über die Spezialbank laufen die Transaktionen von Savedo und Zinspilot.

Eine Ausweitung ihres Geschäftsmodells könnte für die Vermittler überlebenswichtig werden. Denn das Ertragspotenzial bei der reinen Vermittlung von Tages- und Festgeld bewerten Berater als gering. “In dem Geschäftsfeld können keine besonderen Margen gehoben werden”, sagt Andreas Feiden, Berater bei Finnovativ. Das könne in Zeiten höherer Zinsen anders aussehen, doch die seien vorerst nicht in Sicht. Er bezweifelt zudem den Mehrwert der Portale. “Verschiedene Vergleichsplattformen bieten Sparern bereits einen ausreichenden Markt- und Konditionenüberblick”, meint Feiden. Zwar hätten Bankkunden schon heute oftmals ein Zweit- oder Drittkonto, um günstige Tages- oder Festgeldkonditionen zu nutzen, “doch hier dominieren die Direktbanken”.

Ein weiteres Problem beim Anwerben von Kunden könnte die Frage nach der Sicherheit der Einlagen sein. Immerhin, die drei Fintechs wollen nur Banken aus der Europäischen Union (EU) in ihre Portale aufnehmen und berufen sich auf die neue harmonisierte europäische Einlagensicherung. Danach sollen in allen EU-Mitgliedstaaten pro Kunde und Bank 100 000 Euro durch nationale Sicherungsfonds geschützt sein.

Nutzer des Portals Weltsparen sind im vergangenen Jahr schon zweimal mit dem Schrecken davongekommen: Die portugiesische Bank Espirito Santo (BES) musste vom portugiesischen Staat gerettet werden und um die bulgarische Fibank hatte es Gerüchte über eine mögliche Schieflage gegeben. Vorübergehend wurden die Fibank-Angebote von der Weltsparen-Seite entfernt, inzwischen aber wieder aufgenommen. “Bei beiden Banken war von Anfang an eine vorzeitige Vertragskündigung möglich”, sagt Georgadze. “Bei der BES werden die Kundeneinlagen inzwischen vom Nachfolgeinstitut Novo Bank geführt und bei der Fibank hat die Regierung schnell geholfen, indem sie Liquidität zur Verfügung stellte.”

Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung, gibt sich in Sachen Einlagensicherung optimistisch und hat bereits zahlreiche Banken aus dem EU-Ausland in seinen Festgeld-Vergleich aufgenommen. “Aktuell vertraue ich auf die Einlagensicherung und dass die EU keine Bank pleitegehen lässt, allerdings würde ich mein Geld auch nicht für mehr als fünf Jahre im Ausland anlegen, schließlich kann sich in dieser Zeit politisch viel verändern.”

Wenig überzeugend findet dagegen Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg den neuen Einlagenschutz. “Die Anbieter werben mit einer europäischen Einlagensicherung – die gibt es aber de facto nicht”, stellt er fest. EU-weit sollen zwar 100 000 Euro pro Sparer geschützt werden. Aber hinter jedem nationalen Einlagensicherungsfonds stehe das jeweilige Bankensystem. Wenn der Fonds bei einer Bankenpleite nicht ausreiche, müsse der Staat die Löcher stopfen. Ob dieser auch für ausländische Kunden aufkomme, sei fraglich, meint der Verbraucherschützer. “Geld, das Sparer sicher anlegen wollen, sollten sie lieber zu einer inländischen Bank geben”, rät Nauhauser.

Ob die Fintechs am Ende ohne eigene Produkte als Vermittler zwischen Anlegern und Banken bestehen können, wird die Entwicklung der Kundenzahl zeigen. Berater Feiden ist skeptisch: “Der Ansatz, mit der Schaffung von Transparenz Geld zu verdienen, greift in diesem Bereich nur bedingt.” Optimistischer ist dagegen Jüngerkes von der Bank BIW: “Die Plattformen werden für Kunden umso attraktiver, je mehr Banken sich beteiligen”, sagt er. Die Partner kämen in erster Linie aus dem Ausland. “In Deutschland sind die Plattformen insbesondere für Produktbanken interessant, die keinen direkten Zugang zu Anlegern haben und bereit sind, höhere Zinsen an die Anleger und Provisionen an die Fintechs zu zahlen. In beiden Gruppen sehen wir durchaus hohes Interesse.”
Kasten: ZITATE FAKTEN MEINUNGEN
Ich würde mein Geld nicht für mehr als fünf Jahre im Ausland anlegen. Max Herbst. FMH-Finanzberatung.

Schneider, Katharina
Rezmer, Anke