Strafzins
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Frankfurt 18.08.2016 –– Der Aufschrei war groß als bekannt wurde, dass die Volksbank in Gmund am Tegernsee einen Strafzins auf Geldanlagen betuchter Kunden erhebt. Doch ist das wirklich so verwerflich? Oder verhält sich die Bank in erster Linie konsequent?

Es ist eine traurige Wahrheit. Sicherheit und Rendite bei der Geldanlage schließen sich inzwischen so gut wie aus. Auch nach dem jüngsten Sündenfall – Strafzinsen für betuchte Privatkunden bei einer ganz gewöhnlichen Volksbank in Deutschland – bleibt die FMH-Finanzberatung zwar bei unserer These, dass Normalkunden mit einem Guthaben von 100.000 Euro oder vielleicht sogar von 250.000 Euro vorerst keine Angst vor negativen Zinsen bzw. einer Anlagegebühr haben müssen. Allerdings ist nicht zu leugnen, dass sich die Banken derzeit in einem schwierigen Marktumfeld bewegen und nur wenig Handlungsspielräume besitzen. Entweder, sie geben mit den kurzfristigen Anlagegeldern Kredite aus oder sie parken ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB).

Letztere Variante ist jedoch nicht besonders beliebt, denn die EZB verlangt für Geldanlagen derzeit 0,4 Prozent Strafzinsen. Und weil keine Bank gerne Minus macht, versuchen die meisten eben, an anderer Stelle etwas zu verdienen – etwa, indem sie ihre Gebühren erhöhen oder überteuerte Kredite anbieten. Diese Maßnahmen sind– auch und gerade – für weniger betuchte Kunden schmerzhaft. Was also ist so schlimm daran, wenn Banken auch von den besser gestellten Sparern einen Ausgleich fordern?

Irgendwo muss das Geld ja herkommen

Nehmen wir zum Beispiel einen begüterten Anleger, der deutlich mehr als 500.000 Euro auf Tagesgeld- oder Girokonten herumliegen hat. Wer sich so verhält, dem geht es bei der Geldanlage nicht darum, möglichst hohe Zinsen zu erwirtschaften, sondern um Sicherheit. Und die erhält er auch, denn seine Gelder sind durch die Eilagensicherung absolut abgesichert. Eine solche Geldanlage ohne Risiko ist derzeit kaum noch zum Nulltarif zu haben. Selbst wer sein Geld in deutsche Bundesanleihen steckt, muss derzeit einen Minuszins akzeptieren und bei einem vorzeitigen Verkauf eventuell einen noch größeren Verlust einzukalkulieren. Also lassen diese Kunden ihr Geld lieber bei deutschen Banken liegen.

Unter diesem Aspekt ist eine Negativrendite für größere Beträge ein konsequentes, den Marktvorgaben angepasstes Verhalten der Banken. Wer Sicherheit will, muss entweder akzeptieren, dass sein Geldhaus den EZB-Strafzins an ihn durchreicht, oder er muss sich für alternative Anlageangebote entscheiden, mit denen die Banken entweder ein Zinsdifferenzgeschäft machen oder wenigstens Provisionen verdienen können.

Vorsichtige Entwarnung für Otto Normalkunde

Nun könnte unser wohlhabender Kunde natürlich erbost die Bank wechseln. Doch auf lange Sicht wird er auch damit den Strafzinsen nicht entkommen. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis derartige Negativ-Renditen auch bei anderen Geldhäusern der Normalfall werden. Warum sollte eine Bank zum Nulltarif große Mengen an Kundengeldern horten, wenn sie selbst dafür mit Strafzinsen belegt wird?

Etwas entspannter sieht die Lage für Sparer aus, die lediglich einen kleinen Notgroschen bei der Bank parken. Sie müssen bis auf weiteres wohl keine Minuszinsen fürchten. Beträge von 50.000 Euro sind Peanuts für die Banken und leicht auszugleichen – etwa über höhere Girokosten, teurere Ratenkredite, kleine Depotgeschäfte, Fondsprovisionen oder Abschlussgebühren bei Bausparverträgen. Die Bank verdient überall ein klein wenig mit. Selbst wenn eine Versicherungsempfehlung ausgesprochen wird.

Hinzukommt, dass Privatkunden wesentlich träger sind als Großkunden oder Investoren. Wer sie einmal vergrault hat, muss einen erheblichen Aufwand betreiben, um sie zurückzugewinnen.

Strafzinsen werden zur Normalität

Die Einschätzung der FMH-Finanzberatung lautet daher: Strafzinsen für Bankkunden sind kein Tabu mehr. Banken werden sie zuerst bei Großkunden erheben – und die Praxis dann, peu à peu, auf andere Anleger ausweiten. Bis Kleinanleger mit Minuszinsen belegt werden, dürfte es zwar noch sehr lange dauern. Es könnte aber sein, dass die eine oder andere Bank keine Neukundengelder mehr annimmt.

Ein Grund zur Freude ist diese Zurückhaltung trotzdem nicht, denn Normalsparer werden an anderer Stelle zur Kasse gebeten – etwa Girobereich. Zwar ließe sich der Druck auf die privaten Girokunden ohne weiteres senken, wenn die Banken bei professionellen Investoren konsequenter wären und flächendeckend ihre Negativzinsen verlangten. Dass sie diesen Spielraum nutzen, ist aber kaum zu erwarten. Dafür ist die Gebührenschraube beim Girokonto zu einfach einzusetzen: Eine Gebührenanhebung von zehn Euro für die Kreditkarte bringt einer Bank mit 1.000.000 Kunden im Jahr einen Einnahmevorteil von zehn Millionen Euro ohne dass dafür eine Gegenleistung erbracht werden muss. Um den gleichen Betrag im Jahr zu verdienen, müsste dasselbe Institut Anlagebeträge von 2,5 Mrd. Euro mit einem Strafzins von 0,4 Prozent belegen – und womöglich unschöne Nebeneffekte von Seiten der Investoren in Kauf nehmen. Erfahrungsgemäß nämlich beklagen sich die 1.000.000 Kunden mit der Kreditkartenverteuerung wesentlich seltener als die Großkunden, die einen Strafzins bezahlen müssten. Laut Bundesbankstatistik gab es 2013 immerhin mehr als 98 Mio. Girokonten und allein bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken waren es 69 Millionen Konten.

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