Zinssituation klarsehen
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Frankfurt 17.10.2015 –– Die Verwirrung ist perfekt. Einerseits ist überall vom historischen Zinstief die Rede. Andererseits heißt es, der Realzins sei gar nicht so schlecht. Was wirklich stimmt – und warum Sparer gut beraten sind, ihre Anlagestrategie zu überdenken.

Das wichtigste vorab: Ja, die Zinsen sind niedrig. Betrachtet man aber nicht nur die Vier-Jahres- Entwicklung der Renditen auf Tagesgeld und Sparbriefe (Festgeld), sondern auch die Inflationsrate im gleichen Zeitraum, wird klar: Der Realzins (also der Nominalzins minus Inflation), ist, was die Durchschnittswerte angeht, gar nicht so übel.

Danke, Inflation!

Das mag zunächst überraschen – schließlich nähern sich die Tages- und Sparbriefzinsen mit ihren 0,37 bzw. 0,61 Prozent dem Nullpunkt an. Die Wahrnehmung vieler Anleger, dass ihre Sparkasse oder Volksbank keine Zinsen bezahlt, ist also erst einmal richtig. In der FMH-Zinsübersicht finden sich bereits 27 von 77 Banken mit einem Tagesgeldzins von 0,1 bis 0,01 Prozent. Bei der vierjährigen Festgeldanlage sind es 33 von 80 Banken, die Sparern gerade einmal 0,01 bis 0,5 Prozent vergüten. Zum Glück gibt es aber noch besser verzinsten Angebote, die den Mittelwert entsprechend anheben.

Zudem profitieren Sparer von der sehr geringen Inflationsrate. Auch sie hat in den vergangenen fünf Monaten in Deutschland die Null Prozent Linie erreicht. Das war nicht immer so: In den vergangenen fünf Jahren gab es einige Monate, in denen die Teuerung sogar höher war als die durchschnittliche Rendite einer vierjährige Geldanlage, wie unsere Grafik zur Zinsentwicklung es auch verdeutlicht.

Lukrativ ist sparen trotzdem nicht, auch, weil die Abgeltungsteuer von 25 Prozent plus Soli sowie in vielen Fällen die Kirchensteuer die Erträge nochmals reduziert – von aktuell 0,61 Prozent im Mittel auf 0,44 Prozent.

Und den kärglichen Renditen droht noch weiteres Ungemach Zum einen tun Europäische Zentralbank (EZB) und US-amerikanische FED derzeit alles dafür, die Inflation wieder auf knapp unter zwei Prozent zu treiben. Sollte das gelingen, würde dies die Realverzinsung enorm verschlechtern.

Zum anderen darf man unterstellen, dass die deutsche Abgeltungsteuer in den kommenden Jahren steigen wird. Grund: Vermögenswerte lassen sich inzwischen kaum noch im Ausland verstecken: Der Staat kann daher recht simpel an höheren Anlagevermögen mitverdienen, ohne dass es dem Normalbürger richtig weh tut. Kritiker werden zwar gegen eine solche Erhöhung wettern und ins Feld führen, dass dadurch auch Rentenersparnisse leiden. Dieses Argument lässt sich aber leicht entkräften – etwa durch eine Anhebung der Freibeträge.

Dass der Staat sich die zusätzlichen Einnahmen ganz entgehen lässt, ist hingegen kaum zu erwarten. Zu groß sind die Herausforderungen im Bereich von Bildung, Infrastruktur und Wohnungsbau. Sparer, die ihr Vermögen wirklich vermehren wollen, sollten daher schon heute aktiv werden und sich nicht länger mit den Minizinsen ihrer Hausbank zufrieden zu geben.

Zeit zum Umdenken

Auch wenn viele Anleger in Deutschland noch immer vor Investitionen in Aktienfonds zurückschrecken – selbst konservative Sparer sollten diese Alternative ernsthaft in Betracht ziehen. Sicherlich bestehen dort gewisse Risiken. Auch gibt es Produkte, die nur auf die Gewinnmaximierung der Vertreter oder der Hausbanker abzielen. Solchen Machenschaften sind Anleger aber auch heute schon ausgesetzt. Die Berater der Banken vor Ort arbeiten kein Stück besser als ein schlechter Anlageberater – und die Behörden sehen zu.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat erst Mitte September wieder darauf hingewiesen, dass Banken und Sparkassen ihre Provisionsgeschäfte ausweiten wollen, um die schlechten Zahlen im Zinsgeschäft auszugleichen. Die Folgen liegen auf der Hand. Auch in Zukunft werden manche Hausbanker vor allem jene Produkte empfehlen, an denen sie besonders gut verdienen – etwa überflüssige Bausparverträge und Versicherungen. Das Nachsehen hat der Anleger. Ihm bleiben nur der gezielte Vergleich und das Hinterfragen von Renditeaussichten, Gebühren und Entgelten bei den empfohlenen Produkten.

Tipp: Es mag ein bisschen Mut kosten – aber fragen Sie Ihren Berater beim Produktverkauf, wieviel er an seiner Empfehlung verdient. Und: Suchen Sie nach Alternativen. Wer sich mit Finanzthemen beschäftigen will und nicht allein auf seinen Banker hört, wird sehr schnell feststellen, dass mit ausgewählten Fondsangeboten langfristig gute Renditen zu erwirtschaften sind – und das Sparbuch endgültig ausgedient hat.

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