Sinkende zinsen seit 1995

Frankfurt 18.11.2012 –– Wohin man schaut, erreichen die Zinsen neue Tiefstände. Während sich die Anleger fast daran gewöhnt haben, dass die Guthabenzinsen von einem Tief zum nächsten taumeln, sah es jüngst nach einer Wende bei den Hypothekenzinsen aus, die sich nun als hinfällig entpuppt. Doch erst der Rückblick über knapp 20 Jahre zeigt wirklich, in welch dramatischen Ausmaß die (realen) Zinsen gesunken sind. Davon profitieren die Schuldner – und die Sparer zahlen die Zeche.

Sparbriefe: Von 4 % Realzins zur roten Null

1995 bekamen Anleger für einen fünfjährigen Sparbrief nach den Auswertungen unseres repräsentativen FMH-IndeX jährliche Zinsen von sieben Prozent gutgeschrieben, die Inflationsrate lag bei mäßigen 2,2 Prozent (siehe Grafik). Das entspricht einem Realzins von deutlich mehr als vier Prozent, was bei einer risikolosen Anlage als sehr gut anzusehen ist. Knapp 18 Jahre später müssen sich Sparer bei einer Geldentwertung von aktuell 2,0 Prozent mit Zinsen von im Schnitt nur noch 1,86 Prozent für fünfjährige Sparbriefe zufriedengeben. Damit ist nicht einmal der Erhalt der Kaufkraft möglich. Doch es geht auch anders, wie unser Sparbriefvergleich zeigt. So zahlt der aktuelle Spitzenanbieter Zinsen in Höhe von 3,3 Prozent.

FMH-Grafik: Sparbriefe und Inflation seit 1995

Festgeld: Realzins sinkt von 2 % auf minus 1 %

Wenig ermutigend sieht auch die Entwicklung für Sparer aus, die auf Festgeld als Sparform setzen. Sie konnten 1995 rund 4,5 Prozent und damit einen Realzins von gut zwei Prozent einstreichen (Grafik unten). In etwa auf diesem Niveau bewegte sich die Differenz zwischen Nominalzins und Inflation bis 2003. Ab dann zog die Geldentwertung schneller an als die Zinsen: Wer für ein Jahr anlegte, musste sich mit einem Realzins von null Prozent zufriedengeben. Das änderte sich aber wieder in den Folgejahren.
Seit 2010 schauen Festgeld-Anleger in die Röhre, denn der durchschnittliche Zins, den sie für einjähriges Festgeld bekommen, ist niedriger als die Geldentwertung. Aktuell liegt er einen ganzen Prozentpunkt unterhalb der Inflation, sodass 10.000 Euro, die heute angelegt werden, zwölf Monate danach die Kaufkraft von 9.900 Euro haben. Für kluge Sparer ist der Vergleich der Festgeldzinsen Pflicht. Gleich mehrere Banken bieten Zinsen über zwei Prozent.

FMH-Grafik: Festgeld und Inflation seit 1995

Hypothekenzinsen: Kreditnehmer profitieren

Weitaus positiver als für Sparer sieht die Situation für Kreditnehmer aus. Insbesondere Bauherren profitierten über die Jahre hinweg von deutlich sinkenden Realzinsen. Lastete 1995 bei Aufnahme eines 15-jährigen Baudarlehens ein Realzins von deutlich über sechs Prozent (neun Prozent Darlehenszins bei 2,2 Prozent Inflation) auf dem Schuldner, hat sich diese Last auf ein Prozent Realzins gesenkt, wie die unten stehende Grafik zeigt (gelbe Linie)! Das bedeutet: Die Inflation „schultert“ zwei Drittel der Tilgung, und nur das letzte Drittel muss der Kreditnehmer aus eigenem Zutun aufbringen.

FMH-Grafik: Baudarlehen Ratenkredite und Inflation seit 1995

Wer vergleicht, gewinnt

Auch bei den Ratenkrediten gab es spürbare Entlastungen für Schuldner. Laut FMH-IndeX bewegten sich die Nominalzinsen 1995 bei über 13 Prozent (blaue Linie)! Inzwischen sind die Nominalzinsen bei rund sechs Prozent angekommen, sodass die reale Zinslast für Ratenkredite bei nun vier Prozent und nicht mehr bei elf Prozent liegt.

Gleich welche Faktoren die reale Zinslast so deutlich haben sinken lassen – seien es die Milliardenkredite der EZB an die Banken oder die zunehmende Konkurrenz der Häuser untereinander -, so steht doch eines fest: Schuldner sind heutzutage deutlich besser dran als vor ein oder zwei Jahrzehnten. Die Zeche für diese Erleichterungen zahlen die Sparer – vor allem jene, die ihr Geld ohne Vergleich zur nächstbesten Bank tragen oder sich durch Werbesprüche ködern lassen.

Autor: Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung

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