Beste Forward-Darlehen 2015

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Wirtschaftswoche online vom 05.02.2015

Forward-Darlehen für Rechenkünstler

So profitieren Immobilienbesitzer von Mini-Zinsen

Über ein Forward-Darlehen können sich Immobilienbesitzer die niedrigen Zinsen für ihre Anschlussfinanzierung sichern. Welche Anbieter die besten Konditionen bieten.1p1p1

An vielen deutschen Küchentischen wird gerade gerechnet: Schmeiße ich das Geld zum Fenster raus, wenn ich zur Miete wohne? Verpasse ich eine historische Chance, wenn ich jetzt keine eigene Immobilie kaufe? Wie kann ich die guten Konditionen für mich nutzen? Hätte ich mit dem Immobilienkauf noch länger warten sollen? Das sind Fragen, die sich Immobilienbesitzer und solche, die es noch werden wollen, derzeit stellen.

Grund für das innerliche Pokerspiel der deutschen Anleger ist die Niedrigzinstreppe. Seit langem ist der Zins in Europa extrem niedrig. 2012 lag der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) bei 0,75 Prozent und der Einlagezins, den die Banken zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, war sogar schon bei Null angekommen. Schon da galt das Zinsniveau als “historisch niedrig”, immer wieder hörte man Sätze wie “viel niedriger kann der Zins ja kaum noch werden”.

Doch, er kann. Vor knapp zwei Wochen hat EZB-Chef Mario Draghi angekündigt, seine letzte Waffe zu ziehen. Die EZB wird im Rahmen eines milliardenschweren Programms Anleihen kaufen. 60 Milliarden Euro wollen Europas Notenbanken so jeden Monat in die Märkte pumpen. Während das Klagelied der Sparer immer lauter wird, waren die Zeiten für Immobilienfinanzierer nie so gut wie derzeit. Laut Immobilienverband IVD sind Immobilien trotz der steigenden Kaufpreise erschwinglicher als je zuvor.

Wie risikofreudig sind Sie?

Sind diejenigen, die bereits vor einigen Jahren an das “tiefer fallen die Zinsen nicht mehr”-Märchen geglaubt haben und bereits mitten in der Finanzierung stecken, jetzt gekniffen, weil sie höhere Zinsen akzeptieren müssen und Angst haben, dass sie wieder mit höheren Zinsen leben müssen, wenn ihre Zinsbindung endet? Nicht unbedingt. Denn über sogenannte Forward-Darlehen lassen sich die niedrigen Zinsen für die Zukunft sichern – als Anschlussfinanzierung.

Abgeschlossen werden kann das Forward-Darlehen schon Jahre bevor die bisherige Finanzierung ausläuft. Üblich ist ein Vorlauf von ein bis drei Jahren, das hängt von der Risikofreude des Kreditnehmers ab.

Gerade bei den sicherheitsbewussten deutschen Häuslebauern ist diese Zinsgarantie für die Zukunft beliebt. Dafür nehmen sie auch den Gebührenaufschlag in Kauf, der fällig wird. Kein Wunder, denn trotz Gebühr sind auch Forward-Darlehen aktuell historisch günstig.

Die Frankfurter FMH Finanzberatung hat für WirtschaftsWoche Online die günstigsten Forward-Darlehen von regionalen sowie überregionalen Banken sowie Immobilienvermittlern herausgefiltert. Insgesamt wurden über 40 Institute für die Untersuchung berücksichtigt. Bei den Vermittlern gibt es oft mehrere Anbieter, die Zinsen in derselben Höhe anbieten. Es wurden jeweils vier ausgewählt.

Sicherheit per Aufschlag

Grundsätzlich gilt: Je länger die Zinsbindung und die Vorlaufzeit, desto höher sind der Zins und der Forward-Aufschlag, also der Preis für die Sicherheit.

Aber auch an dieser Gebühr zeigt sich, wie umkämpft der Markt derzeit ist. Viele Anbieter buhlen mit Kampfkonditionen um die Kunden.

Wer den Forward-Kredit nur mit einer Vorlaufzeit von einem Jahr abschließt, findet sogar einige Angebote, bei denen die Anbieter ganz auf die Gebühr verzichten. Beispielsweise die Santander Bank, die mit 1,87 Prozent auch den niedrigsten Effektivzins unter den überregionalen Anbietern für das Darlehen über 175.000 Euro verlangt.

Aus Sicht von Verbraucherschützer Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen ist ein Forward-Aufschlag zwischen null und einem Prozent für maximal 50 Monate Vorlaufzeit gerechtfertigt.

Wer eine kurze Vorlaufzeit bevorzugt, bekommt bei einem Vermittler oft die günstigeren Zinsen, in diesem Fall sind es 1,82 Prozent. Bei längeren Vorlaufperioden von 36 oder 60 Monaten sind es allerdings oft bundesweite Angebote, die gegenüber den Vermittlern punkten.

Immobilienbesitzer, die auf die Sicherheitskarte setzen wollen und sich bereits fünf Jahre im Voraus das Forward-Darlehen sichern, zahlen etwa bei der Gladbacher Bank einen Effektivzins von 2,7 Prozent, bei Kreditvermittlern wie der DTW-Immobilienfinanzierung oder Interhyp ist der Zins mit 2,75 Prozent etwas höher. Auch wenn die Unterschiede marginal sind, die Beispiele zeigen, dass ein Vergleich sich in der Regel lohnt.

Was kann ich mir leisten?

“Das entscheidende Kriterium beim Abschluss des Darlehens ist die Monatsrate”, erklärt Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung. Sie setzt sich zusammen aus Zins und Forward-Aufschlag. “Wichtig ist, wieviel monatliche Belastung tragbar ist”, sagt Herbst. Außerdem sollte der Vertrag flexibel sein. “Die Tilgungsrate sollte möglichst variabel sein”, sagt Finanzierungsexperte Schwarz. Die von der FMH Finanzberatung für unsere Redaktion ausgewählten Angebote haben jeweils die Option auf eine Sondertilgung in Höhe von drei Prozent. So können ungeplante Einnahmen, beispielsweise aus einer Erbschaft, zur Tilgung verwendet werden.

Mittlerweile können Immobilienbesitzer mit einem Forward-Darlehen eigentlich kaum noch etwas falsch machen. “Natürlich gibt es keine Garantie darauf, dass die Zinsen nicht noch weiter sinken”, sagt Max Herbst. Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit für steigende Finanzierungskosten deutlich höher. Verbraucher müssen sich eben fragen, ob ihnen die Zinssicherheit einen gewissen Gebührenaufschlag wert ist.

Einmal Forward, immer Forward?

Lediglich, wer bereits vor einigen Jahren ein Forward-Darlehen abgeschlossen hat, ärgert sich möglicherweise. Er hat jetzt zwar einen sicheren Zins, aber nicht unbedingt den niedrigsten. Den Forward-Aufschlag hätte er sich sparen können, die Zinsen sind wider Erwarten weiter gesunken.

Aber einfach zu kündigen und ein neues Darlehen zu aktuellen Konditionen abzuschließen, ist nicht ratsam. Das Problem: wer sein Forward-Darlehen nicht in Anspruch nehmen will, muss an die Bank eine sogenannte Nichtabnahmeentschädigung zahlen.

Vergleichbar ist diese Gebühr mit der Vorfälligkeitsentschädigung, die Bankkunden bei vorzeitiger Auflösung eines Kredits zahlen müssen. “Bei der Nichtabnahmeentschädigung zahlt der Kunde aber den Schaden für die gesamte Laufzeit”, sagt Hartmut Schwarz. Aus der Sicht des Kunden sei das daher besonders teuer.

Das zeigt auch die Analyse der FMH Finanzberatung. “Kündigen lohnt sich eigentlich nicht”, sagt Herbst. Je länger die Forward-Periode, desto höher ist die Entschädigung, die die Bank verlangt. Das zeigen die Daten in unten stehender Tabelle. Dabei wird unterstellt, dass die Bank nach den BGH-Vorgaben die Entschädigung berechnet, was sie nicht machen muss. Sie kann auch ein Kündigungsersuchen in diesem Fall ohne Angabe von Gründen ganz ablehnen. Angesichts der dafür entstehenden Kosten dürfte der neue Zins lediglich bei rund 0,6 Prozent liegen. Dieses Niveau wird allerdings trotz Mini-Zinsen nicht erreicht.

Auch Verbraucherschützer Schwarz rät von einer Kündigung des Forward-Darlehens ab. “Mit dem Risiko, dass die Finanzierungsbedingungen noch besser werden, muss man immer leben”, sagt Schwarz. Aber solange die Aufschläge nicht weit über ein Prozent stiegen, sollte das für ein Plus an Sicherheit zu verschmerzen sein.

Wer den Forwardkredit dennoch kündigen will, sollte laut Schwarz darauf achten, dass die Bank am Ende nicht doppelt verdient. Das passiere teilweise, wenn sowohl das alte als auch das neue Darlehen bei derselben Bank abgeschlossen werden. Die Bank hat dann einen Ersatz für ihr ursprüngliches Kreditgeschäft, muss also die eingesparten Gewinnmargen sowie Risiko- und Verwaltungskosten herausrechnen.

Immobilienbesitzer, deren Hypothekenkredite in wenigen Jahren auslaufen, dürfen also genauso die Finanzierungsfrage durchrechnen wie die, die jetzt erst Eigentümer werden wollen. Zumindest, solange sie bereit sind, für die Zinssicherheit einen Aufschlag zu zahlen. Wer pokern will, wartet noch – denn wer weiß, vielleicht sinken die Zinsen noch weiter.

Man sollte niemals nie sagen. Die dänische Bank Nordea wollte zuletzt erstmals Hypothekenkredite mit einem negativen Zins von minus 0,03 Prozent vergeben. Nach einer Laufzeit von einem Jahr wäre das Darlehen zum aktuellen Zinssatz um ein Jahr verlängert worden. Nachdem allerdings andere dänische Anbieter wie Nykredit erklärten, diese sogenannten F1-Darlehen vorerst nicht mehr anzubieten, machte auch Nordea einen Rückzieher.

Littmann, Saskia

Quelle:

Wirtschaftswoche online vom 05.02.2015