Bestes Fest- oder Tagesgeld 2013

Handelsblatt.com 2013-04-25 11:48:30

Tages- und Festgeld

Der große Zinsschwund

Das historische Zinstief für Sparer ist erreicht?Von wegen! Aktuell läuft eine weitere Zinssenkungswelle der Banken bei Tages- und Festgeld.Welche Kunden darben müssen und wo es noch gute Zinsen gibt.

Die Notenbanker haben ihren Finger wieder am Drücker. Eine Zinssenkung sei “stets eine Möglichkeit”, verkündete etwa Vitor Constancio, Vizechef der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Inflation gehe “ziemlich deutlich” nach unten und die Wirtschaft sende weiterhin “Signale der Schwäche”.

Schon beim letzten Treffen der Notenbanker wurde eine Senkung des Leitzinses diskutiert. Am 2. Mai trifft sich das Gremium erneut. Auf der Tagesordnung in Bratislava dürfte das Thema wieder ganz oben stehen. IWF-Chefin Christine Lagarde bekundete bereits Begehrlichkeiten. Die EZB hätte noch “Raum zum Manövrieren”, die lockere Zinspolitik erreiche viele schwächere Länder bislang noch nicht.

Was für die Zentralbanker noch Zukunftsmusik ist, haben viele Geschäftsbanken für ihre Sparer längst vollzogen. Eine Auswertung der FMH-Finanzberatung für Handelsblatt Online zeigt: Mindestens 20 Institute senkten ihre Zinsen für Tages- und Festgelder. Üblich sind Abschläge von 0,10 bis 0,25 Prozentpunkten. Im Einzelfall sind aber auch Senkungen von bis zu 0,5 Prozentpunkte drin.

Die neuerliche Kürzungswelle trifft vielfach Anleger, die gerne bei den Preisbrechern anlegen. Bei Tagesgeld sind unter anderem die Rabo Direct, Renault Bank Direkt oder Ikano Bank dabei, die in den vergangenen Wochen mit Kampfkonditionen regelmäßig Top-Positionen in Online-Zinsvergleichen eroberten. “Der Wettbewerb um neue Kunden ist für viele Banken nicht mehr so wichtig”, sagt Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung. Bei den Zentralbanken gäbe es eh billiges Geld im Überfluss. “Die Konkurrenz um die besten Lockangebote wird kleiner”, sagt Herbst.

Ein Blick in die Vergangenheit lässt wechselwillige Kunden erschaudern. Vor fünf Jahren konnten Kunden noch durchschnittlich 3,5 Prozent für Tagesgeld ergattern, heute sind es nicht einmal 0,9 Prozent. Lagen Ende 2008 zwischen der besten und dem schlechtesten Tagesgeld-Offerte noch 4,25 Prozentpunkte, sind es aktuell gerade einmal 1,55 Punkte.

Wer die höchsten Zinsen bietet

Die schlechtesten Festgeld-Anbieter zahlen aktuell nur noch 0,05 Prozent für drei Monate. Andere Banken trauen sich mittlerweile nicht mehr, ihren Kunden solche Sätze anzubieten und nehmen Festgelder aus dem Angebot. Auch wenn es absurd erscheinen mag, raten Zinsexperten trotz der allgemein niedrigen Sätzen zu längeren Laufzeiten. “Die Top-Angebote von Festgeld für bis zu zwölf Monate ist derzeit höher verzinst als Tagesgeld”, sagt Herbst. Eine Chance für steigende Zinsen beim Tagesgeld schätze er als eher klein ein.

Das Problem des allgemeinen Renditeschwundes: Viele Kunden haben keine Chance, dem Zinstief zu entgehen. Studenten, die für ihren Urlaub sparen dürften trotz negativer Zinsen ebenso wenig auf ein Tagesgeldkonto verzichten, wie versierte Geldanleger, die ihr Geld nach einem Deal zwischenzeitlich parken möchten.

Ohnehin bevorzugen die Deutschen traditionell Zinsprodukte. Nach einer Umfrage der Gothaer Asset Management spielt die Sicherheit für mehr als 60 Prozent der Deutschen die entscheidende Rolle bei der Anlagestrategie, trotz Mini-Zinsen bleibt das Sparbuch mit einer Zustimmung von mehr als 42 Prozent die beliebteste Anlageform.

Sogar internationale Forscher überrascht dieser Hang nach Sicherheit mittlerweile. Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin sowie den Universitäten Nottingham und Göteborg unter 3000 Teilnehmern zeigte, dass Deutsche unter den 30 untersuchten Nationen die geringste Risikoneigung bei der Geldanlage besitzen. Paradox: Die größten Risiken wählten Einwohner aus Äthiopien, Nicaragua und Vietnam eingehen, die wegen des allgemein niedrigeren Wohlstandes im Verhältnis deutlich mehr zu verlieren haben.

Diese Eigenart trifft viele Sparer hart. Denn fast alle Zinsofferten für Tages- oder Festgeld liegen derzeit deutlich unter der zuletzt gesunkenen Inflationsrate von 1,4 Prozent. “Die kalte Enteignung der Sparer durch niedrige Nominalzinsen und relativ hohe Inflationsraten dürfte länger andauern und sich gegebenenfalls sogar verschärfen”, sagt Jens Lemmer, Referent beim Bund der Steuerzahler.

Wie der Fiskus zuschlägt

Sein Verband fordert deshalb eine Entlastung der Sparer. Denn einerseits profitiere der Staat von den niedrigen Zinsen bei der Kreditaufnahme, andererseits fordere der Fiskus 25 Prozent Abgeltungssteuer auf die mageren Zinsgewinne. Nach Steuern und Inflation ist es mittlerweile nur noch gerade so möglich, das Vermögen ohne Zuschüsse real zu erhalten.

Das Rechenbeispiel zeigt: Von einer Rendite von drei Prozent bleiben langfristig nach Inflation ein realer Zins in Höhe von einem Prozent übrig. Die Kapitalertragssteuer wird aber für die vollen drei Prozent fällig. Real bleibt also nur eine Rendite von 0,25 Prozent für die Sparer übrig. Der Bund der Steuerzahler fordert daher, die Freibeträge zu erhöhen und die Abgeltungssteuer auf den Realzins zu berechnen.

Letztlich bleiben die Steuern für die meisten Sparer langfristig wohl das kleinste Problem. Bei einem aktuellen Steuerfreibetrag in Höhe von 802 Euro dürfen Anleger 48.500 Euro mit einem Zinssatz von 1,65 Prozent anlegen, ohne das die Kapitalertragssteuer anfällt.

Gefahr droht eher von einer anderen Seite. “Die Inflation dürfte die nächsten zwei Jahre in Deutschland die Marke von zwei Prozent nicht übersteigen”, sagt Martin Moryson, Chefvolkswirt der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim. Ab den Jahren 2015 oder 2016 könnte es nach seiner Einschätzung allerdings spannend werden. “Dann könnte die Inflation steigen, eine Rate von vier bis fünf Prozent könnten ein realistischer Wert sein”. Ob die Anlagezinsen im Gleichschritt mitziehen, dürfte eher unwahrscheinlich sein.

Hagen, Jens

25. April 2013

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