Handelsblatt.com 2014-01-09 15:23:22
09.01.2014
Wann Sparer wieder hoffen dürfen
Die Politik der EZB ist Gift für Sparer und ein Ende der Niedrigzinspolitik scheint weit entfernt.Wann die Zinsen wieder steigen könnten und welche Tages- und Festgeldanbieter langfristig gute Konditionen haben.
Der Rat der Europäischen Zentralbank hat auch heute keine guten Nachrichten für Sparer. Der Leitzins bleibt mit 0,25 Prozent auf seinem historischen Tief. Die Währungshüter behielten den Einlagensatz bei Null und den Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,75 Prozent. “Ich möchte deutlich machen, dass wir ein Mandat haben, um Preisstabilität zu sichern – und zwar in beide Richtungen”, sagte Mario Draghi. Um die Gefahr einer Deflation – eines Preisverfall auf breiter Front – zu bannen, ließ die EZB ihren Leitzins niedrig.
“Der nächste Zinsschritt – nach oben – ist bei der EZB noch in weiter Ferne”, sagt Martin Moryson, Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim. “Sicherlich könnte Deutschland schon jetzt höhere Leitzinsen vertragen, aber die EZB muss sich bei ihren Entscheidungen am gesamten Euro-Raum orientieren”.
Die Konjunktur läuft aus Sicht der Zentralbanker noch nicht rund und die Inflationsrate ist mit 0,8 Prozent im Euro-Raum und 1,2 Prozent in Deutschland sehr niedrig. Die Länder der Peripherie müssten aber real abwerten, also eine deutlich niedrigere Inflationsrate als Deutschland aufweisen.
“Da Preise und insbesondere Löhne nach unten oft starr sind, würde dieser notwendige Anpassungsprozess erleichtert, wenn die Preise in Deutschland stärker stiegen”, sagt Moryson. Die Zentralbanker hätten daher keinen Anlass, ihre Politik zu ändern.
“Anleger werden also auf ihren Sparguthaben im Jahr 2014 nichts verdienen können”, erklärt Moryson. “Wer Realverluste vermeiden will, muss Risiken eingehen. Das ist eine der negativen Nebenwirkungen der expansiven Geldpolitik der EZB.”
Womit Sparer rechnen müssen, zeigt eine Prognose von Feri Eurorating für Handelsblatt Online. “Eine geringe Bewegung nach oben werden wir 2014 bei den Zinsen sehen, es dürfte sich aber um marginale Zinssteigerungen handeln”, sagt Gudrun Rehwald, Ökonomin des Analysehauses.
h2. Wann die Zinsen steigen
Das Ergebnis ihrer Analyse: Der Referenzzins Euro Over Night Index Average (EONIA), ein Durchschnittsatz für Tagesgelder im Interbankengeschäft auf Basis des Euro dürfte in diesem Jahr im Schnitt bei 0,2 Prozent liegen. Im nächsten Jahr könnte laut Prognose ein kleiner Anstieg auf 0,4 Prozent folgen. Diese Aussichten dürften die Banken nicht gerade zu großen Sprünge bei Tagesgeldern animieren.
Auf längere Sicht sehen die Aussichten etwas besser aus. Laut Feri-Prognose soll der Referenzzins Euro Interbank Offered Rate (Euribor), der die Zinssätze abbildet, zu denen sich europäische Banken Anleihen in Euro gewähren, steigen. Der 12-Monats-Euribor soll von 0,5 Prozent in 2013 über 0,7 Prozent in 2014 auf 1,3 Prozent in 2015 anziehen.
Bestätigt sich diese Prognose, dann könnte zumindest für Festgeldsparer bei langen Laufzeiten etwas mehr drin sein. “Auch wenn wir noch weit von früheren Sätzen entfernt sind – das Tief bei den Zinsmärkten haben wir immerhin durchschritten”, sagt Rehwald.
Wie können Sparer, die ihr Geld sicher anlegen möchten und Risiken auf den Aktien- und Anleihemärkten scheuen, das Zinstief nun optimal nutzen? Nach einer Auswertung der FMH-Finanzberatung gibt es bei den Zinsen zwischen Tages- und Festgeldern aktuell kaum einen Unterschied, beide Varianten bringen Sparern im Schnitt 0,7 Prozent. “Eine Zinswende ist bei diesen Produkten mittelfristig nicht in Sicht, Sparer können ruhig Festgeldkonten wählen”, sagt Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung.
Egal ob Festgeld oder Tagesgeld: Ein Marktvergleich bleibt auch in diesem Jahr wichtig. Die Zinsen von Tagesgeld variieren zwischen 0,05 Prozent und 1,6 Prozent. Bei Festgeld mit 12 Monaten Laufzeit können die Kunden zwischen Zinsen von 0,1 Prozent und 1,7 Prozent wählen. Mit den Tagesgeld- und Festgeldrechnern auf Handelsblatt Online lassen sich die individuell günstigsten Konditionen ermitteln.
Kunden, die Minizins-Offerten ausgesiebt haben, sollten die Konditionen der Top-Anbieter genauer analysieren. Viele Preisbrecher-Offerten, mit denen die Banken an den Markt gehen, sind nur von kurzer Dauer. Wenn die Institute genug Kunden angelockt oder das Budget ausgeschöpft haben, fallen die Sätze oft rasant.
Plötzlicher Zinsschwund bei Top-Offerten
So war es etwa bei der Santander Bank. Zu Jahresbeginn konnten Neukunden bei Tagesgeld noch 2,26 Prozent ergattern. Im Jahresverlauf senkte die Bank dann gleich fünf Mal ihre Zinsen. Im Schnitt lag die Rendite 2013 laut FMH nur bei weniger als einem Prozent. Im Vergleich zu vielen Standardangeboten regionaler Banken mag das immer noch ein guter Schnitt sein. Die Spitzenreiter in den Zinsvergleichen liegen aber weit davon entfernt.
Auch bekannte Anbieter agieren ähnlich. So erhöhte die Bausparkasse Wüstenrot im vergangenen Jahr den Zins für Tagesgeld von 0,75 Prozent auf 2,01 Prozent. Das Zwischenhoch war nicht von Dauer. Nach etwas mehr als drei Monaten ging es wieder auf die Ausgangsmarke zurück, um dann auf 0,5 Prozent zu fallen. Die zeitweise Erhöhung auf ein Prozent fiel in der Gesamtrechnung kaum ins Gewicht: Auf Jahressicht lag die Rendite wie bei Santander bei weniger als einem Prozent.
Die Auswertung entlarvt nicht nur Institute mit plötzlichem Zinsschwund, sondern zeigt vor allem, welche Banken ihren Kunden im vergangenen Jahr nachhaltig hohe Zinsen geboten haben. Beim Tagesgeld mit erweiterter deutscher Einlagensicherung lag demnach die Akbank an 50 von 52 untersuchten Wochen im Jahr auf dem ersten Platz (siehe Tabellen am Ende des Artikels).
Im Schnitt bot das türkische Institut, dessen Muttergesellschaft von Moodyʼs zuletzt mit Baa2 bewertet wurde, beim Tagesgeld eine Rendite von 1,5 Prozent. Auch beim Festgeld bietet die Bank konstant hohe Sätze.
Ein wenig mehr Rendite mit 1,6 Prozent gewährte die Rabodirect, die ihren Kunden allerdings nur die gesetzliche, europäische Einlagensicherung bietet. Das holländische Institut, das den deutschen Markt seit Sommer 2012 mit plakativer Werbung beackert, lag in 49 von 52 untersuchten Wochen in dieser Kategorie unter den besten drei Anbietern.
Beim Festgeld lag unter den Offerten mit gesetzlicher Einlagensicherung ebenfalls ein niederländisches Institut vorne. Die NIBC Direct belegte in 49 von 52 Wochen einen der drei ersten Plätze im Vergleich.
Vorsicht vor der Bankenkrise
Neben konstant guten Konditionen sollten Kunden die Unwägbarkeiten der europäischen Bankenwelt im Blick behalten. Dabei spielt die Politik eine wichtige Rolle. Laut Koalitionsvertrag der neuen Regierung sollen bei Pleiten “künftig vorrangig Eigentümer und Bankgläubiger, nicht Steuerzahler herangezogen werden”.
Das Ehrenwort der Bundeskanzlerin aus der Hochzeit der Finanzkrise wird dort abgemildert und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben schriftlich fixiert: “Sparer mit einer Einlage bis zu 100.000 Euro werden geschützt”.
Neben dieser politischen Absichtserklärung, im absoluten Notfall einzuspringen, bestehen konkrete Einlagensicherungssysteme bei möglichen Pleiten der Banken. Hierzulande sind Guthaben auf Girokonten, Sparbüchern, Termingelder und Sparpläne bis zu einer Summe von 100.000 Euro geschützt.
Ausnahme bilden die Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken, die keine 100.000 Euro garantieren, sondern zusagen, dass ein Haftungsverbund besteht. Diese Banken helfen sich uneingeschränkt gegenseitig.
Die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken springt nach Vorgabe des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) im Notfall ein. Banken in privater Rechtsform sind zur Mitgliedschaft verpflichtet. Es gibt aber auch Institute am Markt, in denen wie bei Rabodirect oder NIBC die Einlagensicherungssysteme der jeweiligen Länder in gleicher Höhe greifen.
Über den Betrag von 100.000 Euro hinaus sind die Kunden häufig bei vielen Instituten über die Sicherungssysteme der Bankenverbünde der Privatbanken, Sparkassen oder Genossenschaftsbanken abgesichert.
Trotz solcher Systeme raten Finanzexperten bei großen Summen weiterhin zur Vorsicht. “Konservative Sparer gehen auf Nummer sicher, wenn sie sechsstellige Beträge auf mehrere Banken verteilen”, sagt Herbst. Da die Renditeunterschiede im Zinstief ohnehin oft klein seien, seien Abschläge von einigen zehntel Prozentpunkten zu verschmerzen.
Nach der Wahl des richtigen Instituts, bleibt den Sparern nur, auf höhere Zinsen zu warten. Und siehe da: Am Horizont erscheinen erste Hoffnungsschimmer. “Bei Sparbriefen mit Laufzeiten zwischen fünf und zehn Jahren rechnen wir schon 2014 mit einem Zinsanstieg zwischen 0,5 und 0,75 Prozent”, sagt Herbst.
Die besten Tagesgeld-Banken
Welche Bank bietet ihren Kunden konstant gute Konditionen? Eine Untersuchung der FMH-Finanzberatung für Handelsblatt Online zeigt, welche Institute im Laufe des vergangenen Jahres regelmäßig im Marktvergleich vorne lagen. Für das Ranking wurde die Anzahl der wöchentlichen Platzierungen unter den drei besten Anbietern erhoben. Dabei wurde zwischen Offerten für Neukunden- und Bestandskunden sowie nach der Einlagensicherung unterschieden.