Zeitenwende Immobilien
Zeitenwende beim Immobilienkauf © vegefox.com / Adobe Stock

Frankfurt 07.06.2022 –– Seit Jahrzehnten hat es in Deutschland keinen so rasanten Zinsschub mehr gegeben, wie seit Anfang des Jahres. Von den steigenden Baukosten ganz zu schweigen. Für Kauf-Interessenten ist eine solide Finanzplanung wichtiger denn je.

Die Zinsen steigen in einem Tempo, wie man es in Deutschland schon sehr lange nicht mehr gesehen hat. Zuletzt gab es einen derart extremen Aufwärtstrend im Jahr 1981. Damals stiegen die Zinsen von 10,08 auf 12,47 Prozent. Das allerdings war zu einer Zeit, in der viele der heutigen Kaufinteressenten noch nicht einmal geboren waren.

Zwar sind wir von den damaligen Höchstständen noch weit entfernt: Die meisten Experten, auch wir von der FMH-Finanzberatung, gehen aber davon aus, dass die Entwicklung noch eine Weile anhalten wird. Der Anstieg dürfte sich zwar verlangsamen. Zudem werden stetig steigende Bauzinsen die Preisschübe bei den Immobilienpreise zumindest bremsen.

Dennoch sind das keine guten Nachtrichten für Käufer. Das gilt zumindest, wenn man unterstellt, dass eine Familie nicht mehr als 30 Prozent des Familiennettoeinkommens für die Baufinanzierung aufwenden will. Wir haben einmal nachgerechnet, was in Sachen Finanzierung möglich ist, wenn man eine solche (sehr sinnvolle) Planung zugrunde legt – und die Optionen von zwei Musterfamilien mit denen des Vorjahres vergleichen. Die Ergebnisse sind überraschend und fast schon erschreckend.

Viele Kaufinteressenten dürften einen Rückzieher machen

Unsere erste Musterfamilie verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 4.500 Euro. Sie kann pro Monat also 1.350 Euro für Zins und Tilgung aufwenden. Ihr Eigenkapital liegt bei 80.000 Euro.

Wenn diese Familie ohne Makler auskommt, hätte sie vor einem Jahr noch eine Wohnung im Wert von 448.500 Euro kaufen können. Diese Rate hätte gereicht, um einen Kredit über 402.000 Euro zu bedienen und diesen in 30 Jahren abzubezahlen. Der Sollzins für 15 Jahre fest hätte bei 1,30 Prozent gelegen, die Tilgungshöhe bei 2,75 Prozent.

Wenn sich dieselbe Familie heute für einen Kauf entscheidet, muss sie bei gleicher monatlicher Rate Zinsen von 3,15 Prozent zahlen. Damit kann sie sich nur noch einen Kaufpreis von 366.500 Euro (und ein Darlehen über 314.000 Euro) leisten. Angesichts dieser Summe ist davon auszugehen, dass der Kauf sich nur noch mit vielen Abstrichen realisieren lässt – wenn überhaupt.

Selbst Gutverdiener kommen an ihre Grenzen

Auch der zweite Beispielfall belegt, wie schwierig der Markt für Käufer geworden ist. Diesmal hat unsere Familie ein monatliches Nettoeinkommen von 6.500 Euro und 120.000 Euro Eigenkapital. Vor einem Jahr hätte das gereicht, um eine Immobilie im Wert von 650.000 Euro kaufen zu können (ohne Makler). Bei einer monatliche Rate 1.950 Euro wären 581.000 Euro Kredit problemlos machbar und nach 30 Jahren abbezahlt gewesen.

Ein Jahr später ist die Situation völlig anders: Bei den derzeitigen Zinsen dürften das Haus oder die Wohnung maximal 534.000 Euro kosten, damit der Kredit über 454.000 Euro in 30 Jahren getilgt werden kann.

Damit könnte unsere zweite Familie zwar noch kaufen, die Spielräume werden aber deutlich geringer und es ist nicht ausgeschlossen, dass auch sie sich entscheidet, lieber weiter zu mieten.


Rechenbeispiele


Wieviel Haus kann ich mir leisten?
Musterfamilie AVerheiratet 1 Kind; Familiennettoeinkommen 4.500 Euro; Eigenkapital 80.000 Euro
Zinsfestschreibung 15 Jahre; schuldenfrei in 30 Jahren; 30% von Nettoeinkommen
Kaufüberlegung am 01.06.2021
Montl. RateSollzinsTilgungshöheGesamtkostenHauspreisNebenkostenDarlehen
1.350 €1,30%2,73%566.000 €448.500 €33.500 €402.000 €
Kaufüberlegung am 31.05.2022
Montl. RateSollzinsTilgungshöheGesamtkostenHauspreisNebenkostenDarlehen
1.350 €3,15%2,01%566.000 €366.500 €27.500 €314.000 €
Musterfamilie BVerheiratet 2 Kinder; Familiennettoeinkommen 6.500 Euro; Eigenkapital 120.000 Euro
Zinsfestschreibung 15 Jahre; schuldenfrei in 30 Jahren; 30% von Nettoeinkommen
Kaufüberlegung am 01.06.2021
Montl. RateSollzinsTilgungshöheGesamtkostenHauspreisNebenkostenDarlehen
1.950 €1,30%2,73%822.000 €650.000 €49.000 €581.000 €
Kaufüberlegung am 31.05.2022
Montl. RateSollzinsTilgungshöheGesamtkostenHauspreisNebenkostenDarlehen
1.950 €3,15%2,01%822.000 €534.000 €40.000 €454.000 €


Inflation und Zinswende – Wie sich der Markt entwickeln könnte

Unsere Rechenbeispiele lassen erahnen, dass sich der Immobilienmarkt in den kommenden Wochen und Monaten noch einmal dramatisch verändern dürfte. Top-Verdiener mit sehr viel Eigenkapital werden zwar weiter kaufen. Sie allein können den Rückzug der normalen Kauf- und Erwerbinteressenten aber wohl nicht ausgleichen.

Dies gilt umso mehr, als gerade Neubau-Kunden immer größere Probleme haben, eine vernünftige Preiskalkulation vorzunehmen: Weder Bauträger noch die Handwerker können derzeit verbindliche Bauzeiten oder Preise nennen, weil sie nicht wissen, wann und ob sie Material bekommen – und zu welchen Preisen. So kann man aber kein Haus bauen und schon gar nicht finanzieren.

Nicht von der Hand zu weisen ist zudem die Gefahr, dass der eine oder andere Bauträger oder Handwerker wegen bereits ausgesprochener Festpreisgarantien Insolvenz anmelden muss. Für Banken und Baukunden ist das heikel, denn in solchen Fällen werden oft Beträge abgerufen, die die Bauleistung nicht mehr angemessen widerspiegeln.

Alles in allem waren die Zeiten sowohl für Käufe als auch für Verkäufe schon einmal besser. Genaues kalkulieren und überlegen ist daher wichtiger denn je. Dabei gilt: Gezieltes Verhandeln beim Kaufen und Vergleichen bei der Baufinanzierung ist bestimmt ratsamer als auf die Schnelle sich noch für ein vermeintliches Schnäppchen zu entscheiden. Würde unsere zweite Musterfamilie zum Beispiel den FMH-Zinsvergleich nutzen, könnte sie in den ersten 15 Jahren immerhin 76.000 Euro sparen, wenn sie statt des Angebots auf Platz 50 den besten Anbieter wählt.

Für Testzwecke können hier alle Rechner aufgerufen werden. Wird auf der richtigen Seite dann nicht mehr angezeigt.
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Die besten Baugeld-Zinsen für



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