Hauskauf mit 55 plus
Baufinanzierung im Alter clever planen
Das Wichtigste vorab: Ja, auch Immobilieninteressenten, die 55 Jahre oder älter sind, können sich ihren Traum vom Eigenheim erfüllen und einen Baukredit abschließen. Das hartnäckige Gerücht, dass ältere Semester von den Banken keine Finanzierung mehr erhalten, geht auf diverse Missverständnisse zurück. Zementiert wurde dieser Irrglaube dann durch die Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie ins deutsche Recht im Jahr 2016.

Artikel teilen

Wie Senioren die passende Baufinanzierung finden
Unter dem Eindruck der Immobilienkrise hatte der Gesetzgeber Banken damals verpflichtet, strenger zu überprüfen, ob ein potenzieller Kreditnehmer in der Lage ist, seine Schulden auch wirklich zu bedienen. Nachdem die ersten Geldhäuser daraufhin vor allem rentennahe Jahrgänge von der Kreditvergabe ausschlossen, berichteten die Medien über das Phänomen. Dies bewirkte, dass sich viele ältere Menschen gar nicht mehr um eine Finanzierung bemühten.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat inzwischen jedoch klargestellt, dass das Alter eines Menschen kein Ausschlusskriterium bei der Kreditvergabe sein darf. Die Rückzahlungsfähigkeit ist stets für den Einzelfall zu beurteilen.
Damit gilt: Eine Baufinanzierung ist im fortgeschrittenen Alter möglich, wenn das Einkommen, die Rente oder das Vermögen ausreichen, um den Kredit auch im Rentenalter zu bedienen.
Das Wichtigste im Überblick
- Es gibt keine gesetzliche Vorgabe, nach der Menschen jenseits der 50 keine Baufinanzierung mehr erhalten dürfen. Gesichert sein muss nur, dass die Kunden das Darlehen bis ins hohe Alter bedienen können.
 - Um einen Kredit zu bekommen, müssen Senioren grundsätzlich dieselben Kriterien erfüllen, wie jüngere Kaufinteressenten.
 - Banken prüfen daher ihr Vermögen, Sicherheiten und das Vorliegen einer realistische Tilgungsstrategie.
 - Die oft gehörte Aussage, dass Käufer schuldenfrei in Rente gehen müssen, ist überholt. Verpflichtend ist es allein, dass die Kunden die Raten auch während des Rentenbezug weiterzahlen können.
 - 55plus Darlehensnehmer sollten lange Zinsfestschreibungen von 20 Jahren und länger wählen, weil dann eine spätere Bonitätsprüfung eventuell entfällt.
 
Langfristige Zahlungsfähigkeit
Das wichtigste Kriterium ist also der Nachweis gegenüber dem Geldgeber, dass die Finanzierungsraten langfristig - auch im Rentenalter - noch bedient werden können. Das bedeutet nicht, dass das Darlehen innerhalb der statistischen Lebenserwartung getilgt sein muss. Man darf seinen Erben auch Schulden hinterlassen. Dennoch kann es vorkommen, dass Banken in Einzelfällen verlangen, dass der oder die Erben das Darlehen mitunterschreiben. Wenn überhaupt wird dieses Variante aber erst spruchreif, wenn ein Kunde bei der Kreditaufnahme 70 Jahre oder älter ist. Vor diesem Hintergrund ist im fortgeschrittenen Alter eine lange Zinsbindung von 20 oder 30 Jahren zu empfehlen, weil dann im Laufe der Darlehenslaufzeit keine weitere Bonitätsprüfung stattfinden würde.
Warum die liquiden Mittel im Alter besonders wichtig sind
Praxis der Kreditvergabe
Früher - also vor dem Jahr 2016 und der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie – hatten vermögende Kunden jenseits der 55 meist keine Probleme mit der Bank. Wenn ein Best Ager ein Haus kaufte und durch Eigenmittel nur rund die Hälfte des Kaufpreises finanzieren musste, wurde selten intensiv geprüft, ob die Raten im Rentenalter auch noch bezahlt werden können.
Das führte nicht selten dazu, dass ein Rentner zwar ein fast schuldenfreies Haus bewohnte, aber kaum noch Mittel zum Leben hatte. Eine Immobilie kostet schließlich nicht nur in der Anschaffung Geld, sondern auch im Unterhalt.
Kreditvergabe heute
Grundsätzlich ist es also durchaus sinnvoll, dass der Gesetzgeber nun bei der Kreditvergabe verlangt, mehr auf die langfristige Bedienbarkeit des Darlehens zu achten als darauf, ob die Bank bei einem vorzeitigen Ableben des Kreditnehmers ein Ausfallrisiko zu tragen hat.
Daraus zu folgern, dass Senioren keine Baukredite mehr erhalten, ist und bleibt aber falsch. Dies gilt umso mehr, wenn die Interessenten nachweisen können, dass Sie auch im Ruhestand genügend Geld haben werden, um ihren Kredit zu bedienen.
Wichtig ist es daher, der Bank alle Renteninformationen der Deutsche Rentenversicherung, eines Versorgungswerkes und, so vorhanden, die Auskünfte zur betrieblichen und privaten Vorsorge vorzulegen. Auch Kapitalanlagen oder bereits vorhandenes Immobilienvermögen kann helfen, damit die Bank zu einer positiven Bewertung kommt. Besonders gut haben es Beamte: Sie wissen meist sehr genau, welche Pensionsansprüche sie haben und können den Banken daher eine entsprechende Planungssicherheit bieten
Die Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung (ImmoKWPLV) hilft bei der Senioren-Finanzierung
Richtig ist es zwar, die Wohnimmobilienkreditrichtlinie verlangte zunächst, dass Darlehen bis zum Erreichen der statistischen Lebenserwartung getilgt sein mussten. Der Gesetzgeber veränderte diese Laufzeitbegrenzung allerdings bereits zum 01.05.2018 mit einer neuen Verordnung: der ImmoKWPLV.
Ihre Regelungen besagen, dass Darlehen nicht mehr unbedingt während der statistischen Lebenserwartung zurückzuzahlen sind. Das ist sinnvoll, weil eine solche Regelung Senioren über Gebühr belastet und am Ende des Tages nur den Erben hilft.
Daraus folgt: Liegt die Beleihung nach Eintritt in den Ruhestand nur noch bei 40 oder 50 Prozent des Objektwertes, während die monatliche Belastung nur etwa 30 Prozent der (voraussichtlichen) Renteneinnahmen beträgt, finanzieren viele Banken gern.
Wer noch zehn Jahre an einem sicheren Arbeitsplatz vor sich hat, kann die Finanzierung auch aufteilen: Ein Teil des Darlehens wird innerhalb der ersten zehn Jahre komplett getilgt und das restliche Darlehen – basierend auf dem späteren Renteneinkommen – mit einer langen Zinsfestschreibung und angemessener Tilgung bedient.
Immobilienkauf für den Ruhestand: Das sollten Sie bedenken
Wer im fortgeschrittenen Alter zum ersten Mal eine Immobilie für die eigene Nutzung erwirbt, könnte versucht sein, die Bindung an das Haus oder die Wohnung zu überschätzen. Daher sollten bei der Auswahl des passenden Objektes sehr handfeste Motive überwiegen.
Denn so entspannt es auch sein mag, das hektische Berufsleben in der Stadt gegen einen Alterswohnsitz auf dem Land einzutauschen: Sinnvoll ist ein solcher Umzug längst nicht immer. Zum einen ist das Landleben für Städter oft ungewohnt. Vor allem aber sind Infrastrukturen und die medizinische Versorgung dort oft nicht optimal für Senioren. Wer sich jenseits der 55 für eine eigene Immobilie entscheidet, sollte daher eher einen zentral gelegenen, seniorengerechten Wohnsitz auswählen und weniger das Häuschen im Grünen.
Tipp: Auch wenn die finanziellen Mittel problemlos reichen, um auch in der zweiten Lebenshälfte noch einen Kredit aufzunehmen. Es lohnt sich stets, im Vorfeld auch die Alternativen zu durchdenken. Unter Umständen kann es günstiger sein, einfach weiter Mieter zu bleiben – helfen kann Ihnen dabei unser Rechner „Mieten oder Kaufen“. So binden Best Ager ihr Geld nicht an einen immobilen Besitz, sondern können im Laufe der Jahre entscheiden, wofür sie ihre Ersparnisse gern einsetzen möchten – für Reisen, Hobbies, Pflegeunterstützung oder anderes. Man weiß nie, was die Zukunft bringt und eine eigene Immobilie kann sich im Alter auch zur Belastung entwickeln.
Baufinanzierungen im Alter: Vermittler oder Bank?
Wenn die Hausbank zögert
Ältere Immobilienkäufer haben oft einen jahrelang guten Kontakt zu einem Banker ihres Vertrauens. Ihn als erste Anlaufstelle zu sehen, ist daher nachvollziehbar und sinnvoll. Spätestens, wenn dieses Gespräch nicht wie gewünscht verläuft – und sei es, weil der oder die Betreffende nach wie vor Bedenken hat, einem älteren Kunden einen Kredit zu gewähren – ist es allerdings Zeit, auch Alternativen zu prüfen.
Das dieses Szenario (leider) keine Seltenheit ist, belegt das folgende Beispiel, mit dem sich die FMH-Finanzberatung befassen musste.
Praxisfall eines Immobilienkäufers über 55
Ein gut situiertes Ehepaar – beide Partner sind älter als 55 Jahre – berichtet über zwei wenig erfreuliche Gespräche mit der Hausbank und einem Vermittler. Der Vermittler zeigte dem Ehepaar sogar auf dem Bildschirm eine Ergebnisliste, in der etliche Banken rot markiert waren – das eindeutige Zeichen einer pauschalen Ablehnung auf Basis der genannten Voraussetzungen. Zwar signalisierten auch einige Banken durch grüne Markierung die Bereitwilligkeit zur Kreditvergabe, allerdings verlangten die meisten deutliche Zinsaufschläge und höhere Tilgungsquoten als üblich.
Die Hausbank verwies auf die Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die angeblich rigorosen Vorgaben für die Finanzierung im Seniorenalter mache, aber man wolle sich die Sache noch einmal überlegen.
Für die Antragsteller war dieses Geschäftsgebaren unverständlich: Beide verfügten über ein gutes Einkommen, hatten ein ansehnliches Eigenkapital angespart und wussten, wie hoch ihre staatlichen und privaten Rentenzahlungen ausfallen würden. Zudem lag ein überzeugendes Angebot ihres Bauträgers für ein altersgerechtes Objekt vor. Dass sie dennoch keine Finanzierung erhalten sollten, leuchtete den beiden nicht ein - zu Recht.
Algorithmus statt Einzelfallprüfung
Denn das Problem liegt oft nicht an der Kreditwürdigkeit älterer Kaufinteressenten, sondern an der Automatisierung vieler Finanzierungsplattformen. Kundendaten werden in Eingabemasken eingetragen, Algorithmen treffen Vorentscheidungen – individuelle Lebenssituationen bleiben außen vor. Kundenorientierte Vermittler wissen das und bereiten die Unterlagen so auf, dass die Bank die Tragfähigkeit erkennt.
„Die Aufgabe eines guten Vermittlers ist es, dem Geldgeber die Unterlagen und vor allem den Finanzierungsplan so aufzubereiten, dass dieser ihn mittragen kann.“ (Zitat eines Vermittlers aus der FMH-Datenbank zu ausgezeichneten Baufinanzierungsvermittlern.)
Der Schlüssel zum Kredit: ein Vermittler mit Zertifikat
Doch was genau besagt eine solche Liste von ausgezeichneten Vermittlern mit einem Zertifikat? Und warum ist sie für ältere Kaufinteressenten so wichtig?
Die tragbare Belastung eines Kunden während des restlichen Berufslebens und im anstehenden Rentenalter zu berechnen, ist noch der leichteste Teil der Übung. Ideal ist es, eine möglichst geringe verpflichtende monatliche Rate zu haben – und die Möglichkeit, die Tilgungsquote flexibel zu verändern.
Diese Tilgungsveränderung kostet nicht viel (25 bis max. 250 Euro je Tilgungswechselwunsch). Dieses Geld ist gut investiert. Denn das Ziel im Alter sollte es nicht sein, den Erben eine schuldenfreie Immobilie zu hinterlassen, sondern das Leben zu genießen.
Deshalb kann es durchaus Sinn ergeben, einer 55-jährigen Person eine Zinsbindung von 30 Jahre bei zwei Prozent Tilgung anzubieten – mit der Option die Tilgung auf ein Prozent zu reduzieren, wenn es gewünscht wird. Bei einem Kaufpreis von 400.000 Euro und 200.000 Euro Kredit würde dies bei einer Zinsbindung von 30 Jahren und zwei Prozent Tilgung und einem Durchschnittszins von vier Prozent lediglich eine monatliche Belastung von 1.000 Euro ergeben. Und die Gewissheit, dass man jederzeit auf eine Ratenhöhe von 833 Euro absenken kann. In zehn Jahren wäre die Restschuld in diesem Beispiel nur noch bei rund 150.000 Euro, wenn die Ratenreduzierung bei Renteneintritt vorgenommen werden würde. Und 833 Euro müsste man vermutlich in zehn Jahren auch für eine kleine Wohnung an Miete bezahlen.
Man könnte die Tilgung in den ersten zehn Jahren auch auf vier Prozent erhöhen (Rate 1.333 Euro) und ab dem elften Jahr auf ein Prozent reduzieren (Rate 833 Euro). Schuldenfrei wäre der Kunde dann in 23 Jahren oder in unserem Beispiel im Alter von 78 Jahren – bei sehr tragbarer Belastung.
Derlei Überlegungen sind auch für den Geldgeber möglich –in Bewertungsprogrammen von der Stange hingegen dürften solche maßgeschneiderten Konditionen hingegen selten zu finden sein.
Ausgezeichnete Vermittler sind für die Zielgruppe 55plus eine gute Anlaufstelle
Die Kernaufgabe eines Vermittlers ist es, Möglichkeiten der Finanzierung auszuloten, unterschiedliche Szenarien durchzurechnen und schließlich die passenden Geldgeber zu finden. „Wichtig ist es dabei, den Zahlungsplan den Einkommensentwicklungen anzupassen und den einen oder anderen Teil der Eigenmittel bewusst als Reserve für Unvorhergesehenes auszuweisen“, so die Aussage eines Vermittlers mit Zertifikat aus der FMH-Datenbank.
Vermittler, die eine kundenorientierte Beratung und Betreuung bieten, haben häufiger gute Kontakte zu Banken in der näheren Umgebung. Dabei geht es neben den TOP-Zinsen auch um das individuelle Angebot für den älteren Kunden oder die ältere Kundin Und dafür müssen Vermittler und Banken gut zusammenarbeiten.
Fazit
Wer zehn oder 15 Jahre vor dem Renteneintritt noch eine Wohnung oder Haus kaufen will, stellt andere Kaufüberlegungen an als ein 30-Jähriger.
Wichtig dabei ist, für welchen Zweck man noch ein Eigentum erwerben will. Möchte man seinen Erben unbedingt ein schuldenfreies Objekt hinterlassen? Will man im eigenen Heim das Sagen haben, ohne sich mit den Vorgaben eines Vermieters auseinandersetzen zu müssen? Oder geht es vor allem darum, eine sinnvolle Geldanlage zu tätigen? Egal, was die Gründe sind, gerade mit Blick aufs Rentenalter sollte die Finanzierung so gestaltet sein, dass die Raten sich deutlich reduzieren lassen.
Das könnte Sie auch interessieren

Nutzen Sie die Förderung der Bundesländer und der KfW
In der jüngsten Folge unserer Serie zur optimalen Baufinanzierung wurde deutlich, dass Vater Staat die...

Wie zuverlässig sind Kreditkarten im Ausland?
Wenn es um Kreditkarten für den Auslandseinsatz geht, werden oft die Gebühren kritisch beäugt. Wonach niemand schaut:...


Tagesgeldzinsen steigen wieder
Die Inflationsgefahr in der Eurozone ist vorerst gebannt. Mit einer Teuerungsquote von rund zwei Prozent können die...

Baufinanzierung: So rechnen Sie Ihre Monatsbelastung aus
Nur wer einen möglichen Hauskauf genau durchdenkt und durchrechnet, weiß, ob sein Budget für einen Immobilienkauf...

KfW Darlehen & Förderprogramme in der Übersicht
Die Förderung durch zinsgünstige KfW-Kredite wird für die Baufinanzierung immer bedeutsamer. An dieser Stelle finden...

Tilgung: Flexibilität ist Trumpf
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Niemand kann über Jahrzehnte hinweg voraussehen, wie sich seine...

Clever finanzieren? Das geht mit wenig Eigenkapital!
Verbraucherschützer empfehlen, vor dem Darlehensantrag 30% des benötigten Geldes anzusparen. Doch in Zeiten niedriger...

Trennung und gemeinsame Immobilie
Die Trennung von Tisch und Bett ist mehr als eine leere Floskel: Bevor ein Gericht die Scheidung besiegeln darf, müssen...

Echtzeitüberweisungen in Deutschland und Europa
In der Welt der Finanztransaktionen gewinnt das Thema Echtzeitüberweisung, auch bekannt als Instant-Payment, zunehmend...