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27.05.2020
FMH.deArtikel
Post-Ident oder Video-Ident? Was nutzen Kunden lieber?

Post-Ident oder Video-Ident? Was nutzen Kunden lieber?

Legitimationsverfahren bei Kontoeröffnung sehr unterschiedlich genutzt

Mit einer Umfrage bei 30 Banken wollte die FMH-Finanzberatung herausfinden, wie es um die Online-Affinität der Banken und Kunden bestellt ist: Werden moderne Verfahren wie Video-Ident angeboten und wenn ja, überhaupt genutzt? Das Ergebnis ist spannend – und sehr durchwachsen.

Ania Scholz-Orfanidis: Expertin für Geldanlagen, Girokonten und Ratenkredite
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Erstellt am 27.05.2020, Aktualisiert am 27.05.2020

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Post-Ident oder Video-Ident? Was nutzen Kunden lieber?

30 Banken und Sparkassen, darunter regionale Anbieter ebenso wie bundesweite, Filialbanken und Direktbanken wurden gefragt: Welche Arten der Kontoeröffnung gibt es, welche Identifikationsverfahren kommen dabei zum Einsatz und wie sieht das Nutzerverhalten aus?

Erkenntnis Nummer Eins: Alle Anbieter, die sich an der Umfrage beteiligten, ermöglichen die Online-Kontoeröffnung und bieten hierfür das Video-Ident-Verfahren zur Kontoeröffnung an. Interessant: Das Post-Ident-Verfahren haben zwei Anbieter nicht im Angebot.

Identifikationsüberprüfung bei Kontoeröffnung: Wie funktionieren die Verfahren?

Wer ein Konto, gleich welcher Art, eröffnen möchte, muss ein Ausweispapier vorlegen und sich legitimieren. Außerdem muss der aktuelle Wohnsitz bekannt und erkennbar sein. Das verlangen neben dem Geldwäschegesetz zahlreiche weitere Gesetzesgrundlagen.

Wer allerdings online oder per App ein Konto eröffnet, hat keinen Bankmitarbeiter vor sich, dem er seinen Ausweis vorlegen kann. Deshalb galt für die Online-Kontoeröffnung lange das Post-Ident-Verfahren als Standard: Hier geht der Antragsteller mit seinem Kontoeröffnungsantrag persönlich zu einer Postfiliale und legt seinen Lichtbildausweis mit aktueller Anschrift vor. Der Postmitarbeiter bestätigt die Identität des Antragstellers und schickt den Antrag an die Bank, Sparkasse oder den Vermittler weiter.

Im Zuge der Digitalisierung zog ein neues Verfahren in den Legitimationsmarkt ein: Das Video-Ident-Verfahren. Hier bestätigt der Antragsteller einem Mitarbeiter der Bank – oder des externen Video-Ident-Anbieters – seine Identität per Videoanruf. Der Lichtbildausweis wird dabei ebenfalls in die Kamera gehalten, die Echtheit per Hologramm-Spiegelung und anderen Erkennungszeichen geprüft.

Was wird häufiger genutzt? Post-Ident oder Video-Ident?

Man mag meinen, dass die Bequemlichkeit des Video-Ident-Verfahrens das Post-Ident-Verfahren vom Markt verdrängt. Tatsächlich aber ist die Nutzungshäufigkeit extrem abhängig von dem jeweiligen Anbieter. So wird bei der Stadtsparkasse Düsseldorf und der Santander bei rund 70 % der Kontoeröffnungen das Video-Ident-Verfahren genutzt. Bei der Sparda-Bank Hessen dagegen sind es nur 15 %.

Dabei lassen sich spannenderweise keinerlei Parallelen erkennen: Es lässt sich weder pauschal sagen, dass die Kunden regionaler Anbieter das konservativere Post-Ident-Verfahren bevorzugen. Noch, dass die Kunden reiner Digitalbanken eine höhere Affinität zum moderneren Video-Ident-Verfahren hätten. Weshalb die beiden Verfahren so unterschiedliche genutzt werden, lässt sich nur spekulieren. Es könnte einerseits am durchschnittlichen Alter der Neukunden liegen – und damit am Marketing bzw. der Zielgruppe des jeweiligen Anbieters. Es könnte aber auch daran liegen, wie die unterschiedlichen Verfahren dem Antragsteller kommuniziert werden.

Ebenfalls spannend: Die Abbruchquote der Video-Identifikationen

Für die FMH-Finanzberatung war eine weitere wichtige Frage: Wie viele der Menschen, die das Video-Ident-Verfahren nutzen, schließen es auch wirklich ab? Auch hier zeigt sich ein extrem durchwachsenes Ergebnis. Von quasi Null bis 62 % ist alles vertreten. Auch hier lässt sich in den meisten Fällen nur spekulieren, was der Grund für die Abbrüche ist. Während die noch immer sehr schlechte Internetverbindung in weiten Teilen Deutschlands, insbesondere im ländlichen Raum sicher ein Grund ist, sprechen höhere Abbruchraten eher dafür, dass es technische Schwierigkeiten gibt – oder die Wartezeiten schlicht zu lang ausfallen. Bei 90 Minuten in der Warteschleife, wie bei einer der Stichproben der FMH-Finanzberatung geschehen, überlegt sich auch der geduldigste Neukunde sicher, ob er bei dieser Bank tatsächlich ein Konto eröffnen möchte.

Video-Ident: Corona brachte auch die letzten Schäfchen ins Trockene

Viele Anbieter führten schon 2014 das damals neue Video-Ident-Verfahren ein. Andere Anbieter zogen erst jetzt nach – so beispielsweise Zinspilot, einer der beiden großen Vermittler für Tages- und Festgeldkonten im europäischen Ausland. Auch hier war die FMH-Finanzberatung neugierig: Weshalb so spät – und weshalb jetzt doch?

“Wir haben in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen mit dem Post-Ident Verfahren gemacht. Die Quote erfolgreich abgeschlossener Anmeldungen war bei uns immer sehr hoch, auch wenn man hierfür als Kunde bislang eine Poststelle aufsuchen musste, sodass für uns kein dringender Handlungsbedarf in Richtung Video-Ident stand.“, erklärt Bennet Dunker von Zinspilot, „Uns war aber auch immer klar, dass wir das früher oder später einführen würden, weil es einfach Sinn macht alle technischen Möglichkeiten zu nutzen. Mit Beginn der Coronakrise und den daraus folgenden Shutdowns haben wir das dann priorisiert und sehr schnell umgesetzt.“

Der Erfolg des Verfahrens kommt für den Vermittler übrigens überraschend: „Jetzt, wo Video-Ident live ist, beobachten wir die Nutzung natürlich kontinuierlich. Bislang zeigt sich ungefähr eine 50/50-Verteilung, was etwas höher ist als wir erwartet hatten und uns positiv überrascht.“

Fazit: Alle Verfahren haben ihre Daseinsberechtigung, denn die Neukunden haben sehr unterschiedliche Vorlieben. Sicher können Marketing und Kommunikation hier ihren Teil zur Beeinflussung beitragen, wenn ein Anbieter das eine oder andere Verfahren bevorzugt. Die teils hohen Abbruchraten sollten allerdings zu denken geben. Einerseits auf politischer Ebene, da zuverlässigeres, stärkeres Internet heute dringend flächendeckend in Deutschland erforderlich ist. Andererseits sollten vor allem vereinzelte Anbieter dringend ihre Servicekapazitäten prüfen und gegebenenfalls anpassen.

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